Der Ausweg aus einem verkehrten Geschlecht

Den Leib Christi unterscheiden

„Denn ich habe von dem Herrn empfangen, was ich auch euch gegeben habe: Der Herr Jesus in der Nacht, da er verraten ward, nahm er ein Brot, dankte und brach es und sprach: "Das ist mein Leib, der für euch gegeben wird; dieses tut zu meinem Gedächtnis." Desgleichen nahm er auch den Kelch nach dem Mahl und sprach: "Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut; dieses tut, sooft ihr es trinkt, zu meinem Gedächtnis." Denn sooft ihr dieses Brot esst und von dem Kelch trinkt, verkündet ihr den Tod des Herrn, bis dass er kommt. Wer aber unwürdig das Brot isst oder von dem Kelch trinkt, wird an dem Leib und dem Blut des Herrn schuldig sein. Der Mensch prüfe aber sich selbst, und so esse er von dem Brot und trinke von dem Kelch. Denn wer isst und trinkt, indem er den Leib nicht unterscheidet, der isst und trinkt sich selbst zum Gericht."

Diese Stelle in 1. Korinther 11:23-29 sagt uns, dass wir nicht unwürdig vom Tisch des Herrn essen und trinken sollen. Indem wir vom Kelch trinken, bezeugen wir, dass wir im neuen Bund sind und ihn genießen. Darüber wurde in den letzten Ausgaben ausführlicher berichtet. Indem wir vom Brot nehmen, bezeugen wir, dass wir im Leib sind und die Wirklichkeit des Leibes von Jesus Christus genießen. Das Brot und der Kelch sind nicht zu trennen. Genauso wenig ist der neue Bund und der Leib Christi zu trennen. Wenn wir in der Wirklichkeit des neuen Bundes stehen und an den Verheißungen des neuen Bundes teilhaben, dann haben wir auch am Aufbau des Leibes Christi teil. Der Leib wird für uns praktisch erfahrbar und wird unsere Wirklichkeit sein. Wenn wir dann vom Leib sprechen, geht es uns nicht um eine bloße theologische Auslegung einer biblischen Lehre.

Die Gemeinde ist der Leib Christi in Auferstehung

Die oben zitierte Bibelstelle müssen wir im Zusammenhang vom 1. Korintherbrief sehen. Der Leib bedeutet hier mehr als nur die Tatsache, dass der Herr Jesus seinen Leib als Opfer gegeben hat. Schon in den Evangelien wird uns angedeutet, dass Jesus seinen Leib in den Tod geben will, um in Auferstehung einen größeren Leib, nämlich die Gemeinde, hervorzubringen. In Johannes 2: 19-21 lesen wird: "Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Zerstört diesen Tempel, und in drei Tagen will ich ihn aufrichten. Da sagten die Juden: Dieser Tempel wurde in sechsundvierzig Jahren erbaut, und du willst ihn in drei Tagen aufrichten? Er aber redete von dem Tempel seines Leibes." Als Jesus von den Toten auferstand, hat er die Gemeinde als seinen Leib hervorgebracht. Epheser 1:22-23 bezeugt deutlich, dass die Gemeinde der Leib des auferstandenen Jesus ist: "und er hat alle Dinge unter seine Füße getan und hat ihn als Haupt über alles der Gemeinde gegeben, welche sein Leib ist, die Fülle des, der alles in allen erfüllt."

Dem Herrn geht es nicht nur darum, durch seinen Tod am Kreuz Sünder zu erlösen und uns Vergebung zu schaffen, er will vielmehr einen Leib in Auferstehung hervorbringen - einen größeren Leib, der durch alle Gläubigen aufgebaut wird. Die Gläubigen sind die Glieder und Christus ist das Haupt.

Wir sind Glieder seines Leibes

Wenn die Bibel vom Leib spricht, gibt sie uns einerseits eine umfassende Sicht über seine Bedeutung und geistliche Wirklichkeit. Andererseits betont sie auch gleichzeitig die praktische Erfahrung und zeigt uns, was es heißt, in dieser Wirklichkeit zu leben. Es ist für alle klar, dass es nur einen Leib geben kann und dass dieser niemals gespalten sein darf. "Denn wie der Leib einer ist und viele Glieder hat, alle Glieder des Leibes aber, obgleich viele, doch ein Leib sind: so auch der Christus. Denn wir sind in einem Geist auch alle in einen Leib hineingetauft worden, wir seien Juden oder Griechen, wir seien Sklaven oder Freie, und sind alle mit einem Geist getränkt worden" (1. Kor. 12:12-13). "Nun aber sind die Glieder viele, aber der Leib ist einer... Aber Gott hat den Leib zusammengefügt und dem bedürftigen Glied reichlichere Ehre gegeben, damit keine Spaltung im Leibe sei, sondern die Glieder für einander gleiche Sorge tragen" (1. Kor. 12:20,24-25). Wie aus dem gesamten Abschnitt ab 11:18 bis 12:27 klar zu erkennen ist, geht es in diesen Versen um die Gemeinde als den Leib Christi. Deshalb müssen auch die darin eingebundenen Verse 11:23-29, die über das Abendmahl sprechen, mit der Gemeinde als dem Leib zusammenhängen. Der Leib verträgt keine Spaltung. Am Tisch des Herrn bezeugen wir, dass wir heute praktisch am Leib des Herrn, der Gemeinde, teilhaben. Wenn wir Spaltungen unterstützen, aber dennoch am Tisch des Herrn teilnehmen, als ob wir den Aufbau des Leibes praktizierten, dann essen wir tatsächlich in unwürdiger Weise das Brot des Herrn. Kümmern wir uns wirklich um die Einheit des Leibes, dann muss unsere Hingabe und unser Werk auch Gottes Willen entsprechen und nicht auf unseren Meinungen und Ansichten beruhen.

Der Leib ist nicht etwas, das durch Menschen hervorgebracht werden kann, sondern es ist Gottes Werk. Im Leib gibt es keine Unterschiede mehr, die uns trennen könnten. Jeder ist ein Glied, und die Glieder kümmern sich um einander. Deshalb kann der Leib auch keine unfassbare, abstrakte Sache sein, sondern er ist sicht-, fassbar und real, so wie es jedes Glied auch ist. Was nun Gott zusammengefügt hat, soll der Mensch nicht scheiden.

Leider fehlt der Mehrheit der Christen heute dieses Bewusstsein. Wir leben in Trennung und geben vor, eins zu sein. Dabei verhalten wir uns so, als ob dieser Zustand normal sei und Gott damit zufrieden wäre. Die Haltung ist dabei häufig: "Hauptsache jeder ist auf seine Art und Weise für Gott, dann wird Gott schon mit allem einverstanden sein". Diese gängige Meinung ist der Grund, warum es heute so viele christliche Gruppierungen in einer Stadt gibt. Und fast jeder hat diesbezüglich ein ruhiges Gewissen. Doch Gott bezeichnet diesen Zustand als Spaltung.

Der praktische Aufbau des Leibes

Weil die Gemeinde der Leib Christi ist und es nur einen Leib geben kann, so gibt es nach Gottes Plan in einer Stadt auch immer nur eine Gemeinde. Dies ist ein Prinzip, das wir im ganzen Neuen Testament finden können. Es gibt jeweils nur eine Gemeinde an einem Ort: in Jerusalem oder in Rom oder in Korinth. Jede Aufteilung in mehrere Gruppen würde die Gemeinde zunichte machen und den Leib spalten, bis er nicht mehr existiert. Gott geht es um den praktischen Ausdruck und Aufbau seiner Gemeinde, nicht so sehr um eine theoretische Auslegung. Es ist unsinnig zu meinen, dass der Leib nicht gespalten werden kann. Was die Erfahrung angeht, kann er gespalten werden, da nämlich die Gemeinde gespalten werden kann. Deshalb warnt uns die Bibel auch sehr deutlich vor Spaltungen.

Keine Spaltung ist gerechtfertigt

Jede Ursache für Spaltungen liegt darin, dass nicht in allen Belangen unseres Christenlebens und Gemeindelebens wir Christus ergreifen und erfahren. Sehr häufig leben wir nach unserer eigenen Art und Weise, sehen die Dinge aus unserer Sicht und vertreten in vielen geistlichen Angelegenheiten eigene Meinungen und Ansichten. Solch ein Verhalten ist seelisch und fleischlich (vergl. 1. Kor. 2:14 und 3:1-3). Das Ergebnis daraus ist oft Spaltung. Wir können schließlich nur noch mit den Christen zusammenkommen, die uns liegen und so wie wir sind. Vielleicht mag man viele verschiedene Gründe finden, um eine Trennung zu rechtfertigen, aber in Wirklichkeit stecken immer unsere Vorlieben für Personen, Methoden und Formen, sowie eigene Interessen dahinter.

Als einziger Grund für eine Trennung unter Christen kommt die räumliche Entfernung in Frage, d.h. wenn man aus praktischen Gründen nicht mehr an einem Ort zusammenkommen kann. Selbst in Korinth gab es noch den praktischen Ausdruck der Gemeinde, da sie alle an einem Ort zusammenkamen (1. Kor. 11:20 und 14:23); allerdings gab es schon die Tendenz, sich zu spalten (11:18-19). Deshalb erinnert Paulus sie an die eigentliche Bedeutung des Abendmahls, an den einen Leib Christi, der keine Spaltung toleriert.

Was damals in Korinth schon im Ansatz sichtbar wurde, reifte im Laufe der Zeit heran und verfestigte sich. Heute sehen wir überall die Auswirkung von solch einem seelisch-natürlichen Verhalten: ein Angebot christlicher Gruppen für jeden Geschmack. Dies ändert allerdings nichts an der Tatsache, dass Gottes Vorsatz immer noch derselbe geblieben ist: Er will nur den einen Leib als seinen Ausdruck auf dieser Erde haben - an jedem Ort die eine Gemeinde nach seinem Geschmack. Wenn wir die Wirklichkeit davon heute nicht vorfinden, so gibt es für uns dadurch keine Entschuldigung, wir müssen dann eben zur ursprünglichen Absicht Gottes zurückkehren und anfangen, die Einheit in der Wahrheit zu praktizieren. Wenn wir heute in den verschiedenen christlichen Gruppen leben, sie unterstützen und aufbauen, sollten wir nicht am Tisch des Herrn teilnehmen, damit wir Gott dadurch nicht beschämen. Denn indem wir den Tisch des Herrn feiern, bezeugen wir ernsthaft, dass wir in der Wirklichkeit seines einen Leibes leben.

Es geht nun aber nicht darum, andere zu verurteilen. Vielmehr geht es um uns selbst. "Der Mensch prüfe aber sich selbst, und so esse er von dem Brot und trinke von dem Kelch. Wenn wir uns aber selbst richteten, so würden wir nicht gerichtet" (1. Kor. 11:28, 31).

Ausschluss vom Tisch des Herrn

Es gibt allerdings die Möglichkeit, vom Tisch des Herrn ausgeschlossen zu werden. Dies kommt der Tatsache gleich, aus der Gemeinde ausgeschlossen zu werden. Sündige Geschwister, die nicht Buße tun wollen und in ihrer Sünde weiter verharren, können nicht an der Gemeinschaft des Leibes teilhaben. Ihr Verhalten beeinflusst den Leib und zerstört ihn schließlich. Wenn sie an einigen Versammlungen teilhaben, dann nur als Gäste, so wie Ungläubige auch, und nicht als Glieder des Leibes. Dadurch soll ihnen die Möglichkeit gegeben werden, Gnade zu empfangen 
und zur Buße gewendet zu werden.

Unser Zeugnis

Als Christen und Glieder der Gemeinde sollen wir auf unser Gewissen achten. Würdig vom Tisch des Herrn zu essen, bedeutet, den Leib zu kennen und ihn zu schätzen. Alle Gründe für eine Trennung unter uns müssen wir beiseite legen und Jesus Christus als unser Haupt nehmen und erfahren. Indem wir am Tisch des Herrn teilnehmen bezeugen wir, dass wir nicht mit Spaltung einverstanden sind, sondern uns völlig für den einen Leib des Herrn hingeben.

(Kleine Herde 31, 1995)