Der Ausweg aus einem verkehrten Geschlecht

Wie wir den neuen Bund genießen

1. Vergebung

Ohne das Blut Jesu, das für unsere Sünden vergossen worden ist, gäbe es keinen neuen Bund (Matth. 26:27-28; Lk. 22:20). Die Vergebung der Sünden ist keine Nebensache sondern eine Grundlage, die uns Gott bereitet hat, damit wir zu Gott kommen können und er mit uns Gemeinschaft haben kann. Gott übersieht keine Sünde oder Ungerechtigkeit, aber er nimmt die Sünde hinweg und reinigt uns von jeder Ungerechtigkeit, wenn wir sie ihm bekennen (1. Joh. 1:8-9). Das Blut des neuen Bundes macht dies möglich. Unsere Schuld wurde durch das Opfer Jesu, seinen Tod, bezahlt. Der neue Bund ist in dieser Hinsicht wie ein Vertrag, der uns das garantiert. Und Gott hält sich daran. Deshalb kann er auch sagen (Hebr. 8:12): "Denn ich will gegen ihre Ungerechtigkeiten gnädig sein, und ihrer Sünden will ich gewiss nicht mehr gedenken."

Wenn wir an die Vergebung der Sünden denken, betrachten wir meistens nur unsere Seite. Wir sind froh und erleichtert, von dieser Last befreit zu sein. Aber auch Gott ist froh. Ohne dass wir ihm unsere Sünden bekennen, kann er sie uns nicht vergeben; und ohne Vergebung kann er mit uns keine Gemeinschaft haben und seinen ewigen Vorsatz auch nicht ausführen. Wir sollten deshalb diese Vergebung allezeit in Anspruch nehmen und im Glauben genießen.

2. Der Glaube

Im neuen Bund empfangen wir nicht nur die Vergebung der Sünden, sondern auch den Glauben. Der Glaube, von dem die Bibel spricht, ist nicht etwas, das wir produzieren können. Vielmehr ist es etwas, das in uns entsteht, indem Gott zu uns spricht. Wenn wir unser Herz seinem Wort gegenüber öffnen, empfangen wir den Glauben. "Also kommt der Glaube aus dem Hören und das Hören durch das Wort Christi" (Röm. 10:17). Auch in 2. Petr. 1:1 wird uns bestätigt, dass der Glaube etwas ist, das wir von Gott empfangen. Dort heißt es: "die mit uns einen gleich kostbaren Glauben als Losteil empfangen haben". Gott schenkt uns den Glauben, da wir ohne den Glauben am neuen Bund keinen Anteil haben können. Der Glaube ist ein Kennzeichen dieses Bundes. Wie vom alten Bund die Werke das charakteristische Zeichen waren, so ist es im neuen Bund der Glaube.

Obwohl uns dieser Glaube geschenkt worden ist, müssen wir dennoch aktiv mitarbeiten, um nun im neuen Bund zu leben und alles zu genießen, was uns dieser Bund verheißt. Wir müssen unseren Glauben stärken, pflegen und üben. Dazu brauchen wir das Wort Gottes. Einen starken Glauben zu haben, bedeutet nämlich nicht, dass ich mir etwas fest wünsche und nun von Gott erwarte, dass er meine Wünsche auch erfüllen wird. Dabei meinen wir dann, je fester ich es erwarte, desto stärker sei mein Glaube. Aber der Glaube, der mit dem neuen Bund zu tun hat und den uns Gott geschenkt hat, ist etwas völlig anderes.

So wie am Anfang das Wort für unseren Glauben die Grundlage war, so brauchen wir es auch weiterhin für die Stärkung unseres Glaubens. Der Glaube reagiert auf das Wort Gottes und ist auf dem Wort gegründet. Durch den Glauben wird das, was Gott zu uns spricht, in unserer Erfahrung verwirklicht.

Wenn wir den Glauben nicht pflegen und üben, kann er mit der Zeit wieder abnehmen. Dann bedeutet uns das Wort Gottes nicht mehr viel, es hat nichts mehr mit unserer Erfahrung gemeinsam und wir entfernen uns immer mehr von Gott.

Wenn wir das Wort lesen, sollte es nicht nur etwas für unseren Kopf sein; wir sollten dabei vielmehr unseren Glauben einsetzen. Das Lesen des Wortes allein bedeutet nicht, dass ich auch schon den Glauben aktiv übe. Sehr oft haben wir bereits unsere Vorstellung, wenn wir einen Vers lesen. Wir wissen bereits, was die richtige Auslegung von dieser oder jener Bibelstelle ist. Auch wenn wir die ganze Bibel interpretieren könnten, würde es nicht bedeuten, dass wir auch viel Glauben hätten. Wissen ist nicht mit dem Glauben gleichzusetzen. Wissen ruft das 
Verlangen nach Ehre und Anerkennung hervor. Diese Haltung bewirkt eine Atmosphäre, die schließlich Streitereien und Trennung unter den Gläubigen verursacht. Glauben bringt hingegen Erfahrung hervor. Und Erfahrung führt in die Gemeinschaft mit den Heiligen und baut den Leib Christi auf.

Indem wir das Wort lesen, sollten wir unser Herz Gott öffnen und es ihm völlig zuwenden. Das Wort offenbart uns in vielfältiger Weise Jesus Christus. Dabei führt es uns zu ihm hin, der heute der Geist ist und uns mit dem göttlichen Leben allezeit dienen möchte. Wenn wir im Wort Jesus berühren, werden wir erfahren, wie Gott zu uns spricht (vgl. Hebr. 1:2). Deshalb müssen wir auch lernen, alle unsere Vorstellungen und Wünsche abzulegen und auf Jesus hinweg zu schauen, wenn wir das Wort lesen oder hören. Dann werden wir, wie es im 2. Korinther 3: 17 heißt, mit aufgedecktem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn schauen und widerspiegeln. Zur Übung des Glaubens gehört nicht nur das Schauen, sondern auch das Widerspiegeln, das Bekennen. In Römerbrief sehen wir in Kapitel 10, dass wir auch mit dem Munde bekennen sollen, was wir im Herzen glauben. Paulus bezeugt uns im 2. Korinther: "Und weil wir denselben Geist des Glaubens haben, wie geschrieben steht: Ich habe geglaubt, darum habe ich geredet, so glauben auch wir, darum reden auch wir" (2. Kor. 4:13).  Wir reden nicht, was wir gelernt haben oder uns so vorstellen, sondern was wir durch den Glauben von der Wirklichkeit Gottes berührt und genossen haben. Solch ein Bekennen ist eine Übung, da es keinem leicht fällt. Auf diese Weise bringt uns der Glaube durch den Geist in die volle Wirklichkeit vom neuen Bund hinein.

3. Der Geist der Sohnschaft

Mit dem Glauben haben wir auch das Leben Gottes empfangen, wodurch wir Gottes Kinder geworden sind. Der Galaterbrief zeigt den Unterschied zum alten Bund und die Wirkung des neuen Bundes sehr deutlich. Dort fragt Paulus die Gläubigen: "Dies nur wünsche ich von euch zu erfahren: Habt ihr den Geist empfangen durch die Werke des Gesetzes oder durch das Hören des Glaubens?" Durch die Werke des Gesetzes, das ist der alte Bund, empfangen wir nichts. Der alte Bund fordert hingegen von uns alles. Die Schwäche des alten Bundes liegt darin, dass er unfähig ist, uns Leben zu geben (vgl. Gal. 3:21; Hebr. 8:7). Deshalb kann er nichts zur Vollendung bringen. Der neue Bund hingegen, bringt uns in die Position, durch den Geist das göttliche Leben zu empfangen. Galater 4:6 sagt uns: "Weil ihr nun Söhne seid, hat Gott den Geist seines Sohnes ausgesandt, in unsere Herzen hinein, der schreit: Abba, Vater!" Entsprechend heißt es in Römer 8:15 auch: "Denn ihr habt nicht einen Geist der Sklaverei empfangen, wieder zur Furcht, sondern ihr habt einen Geist der Sohnschaft empfangen, in welchem wir rufen: Abba, Vater!" Dies ist wirklich ein Wunder: Gott macht aus Sündern Söhne! Dies schafft nur der neue Bund. Es ist aus Gott und nicht aus uns.

Um seinen Vorsatz zu erreichen, wirkt Gott im verborgenen, nämlich durch seinen Geist in unserem Inneren (vgl. Hebr. 8:10-11). "Denn was dem Gesetz unmöglich war, weil es durch das Fleisch schwach war, das tat Gott: er sandte seinen Sohn in der Gleichgestalt des Fleisches der Sünde und um der Sünde willen und verdammte die Sünde im Fleisch, damit die gerechte Forderung des Gesetzes in uns erfüllt würde, die wir nicht nach dem Fleisch wandeln, sondern nach dem Geist" (Röm. 8:3). Die Erfüllung geschieht durch seinen Geist in uns! Vielleicht schätzen wir das innere Wirken des Geistes in uns nicht so sehr wie äußere spektakuläre Dinge, aber das ist der Weg, auf dem Gott sein Ziel mit und durch uns erreicht. Durch sein inneres Reagieren leitet er uns und wir lernen Gott, unseren Vater, dadurch kennen. Dies ist die normale Erfahrung eines Christen mit dem Geist. Woher weiß ich, ob ich den Geist empfangen habe? In Römer 8:16 lesen wir dazu: "Der Geist selbst bezeugt mit unserem Geist, dass wir Gottes Kinder sind." Wir dürfen das Wirken des Geistes in unserem Inneren nicht unterschätzen. Es ist vielleicht unscheinbar, aber sehr real, dies erfahren wir auch in vielen Situationen des täglichen Lebens. Deshalb sollten wir lernen, auch auf den Geist acht zu haben und nach dem Geist zu wandeln (Gal. 5:25). In Römer 8:14 heißt es: "Denn alle, die durch Gottes Geist geleitet werden, die sind Gottes Söhne". Diese Erfahrung des Geistes bringt uns zur Reife.

Wir haben den Geist nicht nur empfangen, damit wir nicht mehr verloren gehen. Gott will uns vielmehr durch den Geist zur Reife bringen - zu erwachsenen Söhnen machen, indem Christus durch den Glauben in unserem Herzen Raum gewinnt und Wohnung machen kann. "Denn welche er zuvor ersehen hat, die hat er auch vorherbestimmt, dass sie gleichgestaltet werden sollten dem Ebenbilde seines Sohnes, damit er der Erstgeborene sei unter vielen Brüder" (Röm. 8:29). Gott vertraut dem Geist der Sohnschaft!

Der neue Bund bringt uns in den vollen Genuss von allem, was uns Gott vermacht hat, um mit uns sein Ziel zu erreichen. Durch sein Leben sind wir völlig eins mit ihm und können ihn als unseren Vater voller Freude genießen, indem wir ihn anrufen: "Abba, Vater!"

Am Tisch des Herrn bringen wir unserem Vater für seinen großartigen Plan und seine Weisheit unseren Dank dar. Wir können bezeugen, dass wir in einer gereinigten Atmosphäre, im Frieden mit unserem Vater Gemeinschaft haben und die Vergebung unserer Sünden genießen. Nichts trennt uns mehr von Gott! Das Abendmahl ermutigt uns, unseren Glauben noch mehr zu üben, um alles zu empfangen, was uns der Vater geschenkt hat. Wir bezeugen dabei, dass es nicht unser Werk ist - alle Ehre gebührt dem Vater. Auch erinnert uns der Tisch des Herrn daran, dass es das tägliche innere Wirken des Geistes ist, dem wir völlig vertrauen können, indem wir den Geist berühren und ihm in unserem Herzen Raum geben. Dadurch wird erfüllt, was in Hebräer 8:11 verheißen ist: "Denn sie werden mich alle kennen, vom Kleinen bis zum Großen unter ihnen". So wird der Vater in der Gemeinde verherrlicht!

(Kleine Herde 28, 1995)