Der Ausweg aus einem verkehrten Geschlecht

Der Grund der Gemeinde

Was ist eigentlich der Grund der Gemeinde? Dies ist eine sehr wichtige Frage, denn der Herr hat in der Bibel ausdrücklich dargelegt, dass die Gemeinde auf einem ganz bestimmten Grund steht. Wir alle wissen, dass der Segen Gottes, der heilige Geist Gottes, das Licht Gottes und vor allem das Leben des Herrn Jesus Christus in der Gemeinde sind. Wenn wir auch vorwiegend über das Leben des Herrn im einzelnen Christen sprechen, so ist es doch eine Tatsache, dass sein Leben eigentlich der Gemeinde gegeben ist. Da nun Gott der Gemeinde so viele geistliche Güter anvertraut hat, ist die Frage von größter Wichtigkeit, ob eine so genannte Gemeinde auch wirklich die Gemeinde ist. Hätte Gott uns als Individuen diese geistlichen Güter gegeben, dann wäre das Problem nicht so groß. Gott zeigt uns aber in der Schrift, dass er alle geistlichen Güter der Gemeinde gegeben hat. Deshalb ist es eine sehr ernste Frage, ob die Gruppe, zu der ich gehöre, eine Gemeinde ist oder nicht.

Wenn die Geschwister, mit denen ich Gemeinschaft habe, gar nicht die Gemeinde sind, bedeutet das einen großen Verlust für mich.

Nehmen wir ein Beispiel zu Hilfe. Unsere Schwestern, die im Kliniklabor arbeiten, benützen Glasplättchen für bakteriologische Untersuchungen. Zu diesem Zweck genügen solche Glasplättchen. Ihr aber, wenn ihr Besuch bekommt, könnt keines dieser Glasplättchen verwenden, um ein Getränk anzubieten. Das Plättchen erfüllt in der Laborarbeit eine wichtige Funktion, als Trinkgefäß aber ist es vollkommen ungeeignet. Euer Gast kann nicht wie eine Heuschrecke oder ein Spatz Wasser von einem Glasplättchen trinken; ihr müsst ihm ein Glas anbieten. Es gibt vieles, wofür ein einzelnes Glasplättchen unbrauchbar ist. Hingegen ein Glas, das sich aus dem Material vieler solcher Plättchen herstellen lässt, kann als Trinkgefäß gebraucht werden, um dem Durst abzuhelfen.

Eine ebene Oberfläche kann viel weniger Flüssigkeit aufnehmen als ein dreidimensionales Gefäß. Wir wollen hiermit die geistlichen Erfahrungen, die der einzelne vor Gott gemacht hat, nicht schmälern. Ein einzelner kann viele geistliche Güter empfangen und manchmal sogar zu höchsten geistlichen Erfahrungen gelangen. Der Gemeinde aber hat Gott weit mehr geistliche Güter gegeben; wenn ein Christ für sich nach diesen trachtet, kann er sie niemals bekommen. Das heißt nicht, dass der einzelne keinen Segen empfängt, sondern dass er diese Güter niemals durch individuelles Trachten erlangen kann. Gottes Reichtümer sind heute in der Gemeinde, denn diese ist, wie das Trinkglas, ein dreidimensionales Gefäß. Wenn du ein Teil dieses Trinkglases bist, kannst du das lebendige Wasser berühren. Bevor du als einzelner mit dem lebendigen Wasser in Berührung kommen kannst, musst du Teil dieses Trinkglases werden. Genauso kann nur die Gemeinde die gesamten geistlichen Güter enthalten.

Wir müssen deshalb vor Gott klar sehen, dass sehr viele geistliche Güter nicht in den einzelnen, sondern in der Gemeinde sind. Das Wort des Herrn, „… auf diesen Felsen will ich bauen meine Gemeinde“, ist sehr deutlich und zugleich wunderbar, denn anschließend heißt es: „die Pforten der Hölle sollen sie nicht überwältigen“. Diese Verheißung gilt der Gemeinde und nicht den einzelnen. Oft ist es für einzelne sehr schwer, dem Feind zu widerstehen; aber sobald die Gemeinde auftritt, ist Satan augenblicklich geschlagen. Einzelchristen werden zwar gesegnet, aber dieser Segen ist begrenzt. Nur in der Gemeinde ist der Segen unbegrenzt reich. Wenn jemand also die Gemeinde verlässt, kann er den Segen und die Gegenwart Gottes nur noch begrenzt erfahren – ich sage nicht, dass beides dann ganz aufhört, aber es wird begrenzt sein, und viele andere geistliche Güter sind ihm gänzlich vorenthalten. Verzeiht, dass ich so offen rede. Besonders während der letzten zehn Jahre habe ich die Leute daraufhin beobachtet, ob sie wissen, was die Gemeinde ist. Obwohl viele Geschwister den Herrn schon zwanzig oder dreißig Jahre lang kennen, kennen sie doch seltsamerweise die Gemeinde Gottes nicht. Das, was sie schon erworben hatten, ist sogar allmählich immer weniger geworden, und sie können das, was sie zu haben glauben, nicht festhalten. Aber es gibt auch andere Geschwister, die die Gemeinde Gottes kennen; sie erfahren, dass die Reichtümer des Hauptes auch zu ihren Reichtümern werden, so dass sie ständig vorangehen können.

Deshalb wünsche ich, dass alle jungen Geschwister darauf achten, sich als Christen nicht nur um ihr eigenes geistliches Vorankommen zu kümmern, sondern auch darum, ob die Geschwister mit denen sie sich treffen, die Gemeinde sind. Denke daran – einer allein ist ein Individuum; zwei schon können die Gemeinde sein, aber ebenso können sie auch nur zwei Individuen sein und nicht die Gemeinde. Denkt nicht, dass eine Versammlung von fünfhundert oder tausend Christen schon ohne weiteres eine Gemeinde sei. Das muss nicht unbedingt zutreffen. Gott sei Dank, tausend Menschen können eine Gemeinde werden; aber sie können auch ebenso gut nur tausend Individuen sein, viele Einzelchristen, die dennoch keine Gemeinde bilden. Das ist ein großer Unterschied. Die Kinder Gottes erkennen heutzutage wohl, dass eine einzelne Person nicht die Gemeinde sein kann, aber sie haben nicht erfasst, dass tausend Christen ebenso auch nur tausend Individuen bleiben können und dann keineswegs die Gemeinde sind. Seid euch hierüber im Klaren: sogar zehntausend Christen können immer noch bloße zehntausend Individuen bleiben und brauchen deshalb noch lange nicht Gemeinde zu sein. Vor Gott hat die Gemeinde noch einige andere Voraussetzungen. Deshalb müssen wir als Kinder Gottes dem Grund der Gemeinde besondere Aufmerksamkeit schenken.

Zwei Hauptbedingungen

Ich möchte heute zwei Faktoren hervorheben, ohne welche die Gemeinde nicht bestehen kann. Das Neue Testament offenbart uns deutlich zwei Hauptbedingungen für die Existenz einer Gemeinde: erstens die Autorität des heiligen Geistes und zweitens die Ortsgrenze.

1. Die Autorität des heiligen Geistes

Wir müssen beachten, dass es ohne den heiligen Geist niemals eine Gemeinde gibt. Die Gemeinde ist kein einzelner Bruder; allein der heilige Geist ist die Gemeinde. Das heißt mit anderen Worten, dass die Gemeinde von Anfang bis Ende nur eine Autorität, nur eine Kraft und nur ein Leben besitzt – nämlich den heiligen Geist. Es gibt nur ein Leben des heiligen Geistes, nur eine Kraft des heiligen Geistes und nur eine Autorität des heiligen Geistes.

Heute zum Beispiel haben wir viele ältere Brüder unter uns. Bruder Tu sagt vielleicht: „Da ich schon zwanzig Jahre lang in der Gemeinde bin, darf ich doch wohl einen Vorschlag machen oder etwas Neues einführen.“ Seht ihr, hier taucht etwas Zusätzliches auf, und das stört: Bruder Tu taucht auf, und sofort ist der heilige Geist und somit auch die Gemeinde nicht mehr da.

Bitte denkt daran, dass es dort, wo der heilige Geist nicht ist, auch keine Gemeinde geben kann. Die Gemeinde ist dort, wo der Geist des Herrn nicht gehindert wird, seinen Willen zum Ausdruck zu bringen. So, wie der Herr damals auf der Erde den Leib benutzte, der durch Maria geboren worden war, so benutzt er heute im heiligen Geist die Gemeinde. Wo die Gemeinde das ist, was sie sein soll, stellt sie auch heute noch diesen Leib Christi dar. Mit anderen Worten: nur das, was fähig ist, die Gesinnung des heiligen Geistes auszudrücken, kann Gemeinde genannt werden.

Nur der heilige Geist hat Autorität

Ich werde in dieser Sache noch ein wenig tiefer gehen und wende mich dabei zuerst an die älteren Brüder. Ihr wisst mehr oder weniger, was Autorität ist und haltet auch die jüngeren Brüder dazu an, ihr zu gehorchen. Aber die eigentliche Frage heute ist die: Welcher Autorität gehorcht ihr? Ich sage euch, so, wie die jüngeren Brüder stören, wenn sie aus sich selbst reden, so stören auch die älteren, wenn sie aus sich selbst heraus reden. Die älteren können genauso stören wie die jungen. Allein die Autorität des heiligen Geistes ist wirkliche Autorität. Warum sollen aber die jüngeren Brüder den älteren gehorchen? Weil die älteren Brüder sich schon länger in der Schule Gottes befinden und seine Autorität besser kennen. Infolgedessen kann der heilige Geist leichter durch sie hindurchfließen. Sie sind wie eine Wasserleitung, durch die das Wasser schon jahrelang ungehindert hindurchgeflossen ist. Die jüngeren sollen den älteren gehorchen, nicht weil die älteren die Autorität sind, sondern weil der heilige Geist leichter durch die älteren sprechen kann. Weil diese viele Jahre für den Herrn gearbeitet haben, kann der heilige Geist leicht aus ihnen herausfließen. Ich lerne, mich den älteren Brüdern unterzuordnen, weil die Autorität des heiligen Geistes in ihnen ist. Wenn ich einmal nicht gehorche, kann ich leicht die Autorität des heiligen Geistes in mir verlieren. Wir sprechen uns hier keinesfalls für die Autorität der älteren Brüder aus, vielmehr für die Autorität des heiligen Geistes, der durch diese leicht hindurchfließen kann. Mit anderen Worten, die einzige Autorität in der Gemeinde ist die des heiligen Geistes. Es gibt keine Autorität einzelner Personen. Weder die Ältesten noch die älteren Brüder, noch die, die geistlich sind, haben Autorität. Es gibt nur einen, der Autorität besitzt, nämlich den heiligen Geist. Das ist der Leib Christi.

Ein Kanal für die Autorität des heiligen Geistes

Kürzlich sah ich, was mit der Hand eines Bruders geschehen war, der vor Jahren einen schweren Gegenstand über eine große Entfernung getragen hatte. Zunächst hatte ihm seine Hand etwas weh getan; jetzt ist es damit immer schlimmer geworden, so dass er sie kaum noch bewegen kann. Der Bruder sagte zu mir: „Mein ganzer Körper gehört mir – außer dieser Hand. Dieses Glied scheint einem anderen zu gehören und gegen mich zu kämpfen.“ Ich habe noch nie jemanden so reden hören. Da ich selbst häufig krank bin, weiß ich, dass, wenn wir uns der Existenz eines Körperteiles bewusst werden, dieser bestimmt in irgendeiner Weise krank ist. Wenn unser Leib gesund ist, sind wir uns seiner Existenz kaum bewusst. Wenn wir spüren, wie die Lunge atmet, ist sie bestimmt krank. Wenn wir irgendetwas am Herzen spüren, dann ist es bestimmt nicht in Ordnung. Als ich jung war, habe ich mir nie über meine Zähne Gedanken gemacht, aber als ich sie dann zum ersten Mal gespürt habe, konnte ich die ganze Nacht nicht schlafen. Ein gesunder Körper reagiert sehr natürlich, spontan und harmonisch. Diese Harmonie liegt aber nicht darin, dass er sich seiner Funktionen bewusst wäre, sondern vielmehr umgekehrt darin, dass er sich seiner selbst nicht bewusst ist und sozusagen existiert, als existierte er nicht. Vielleicht fühlst du heute nicht, dass du Finger hast, und fändest es sogar seltsam, wenn ich dich fragen würde: „Fühlst du, dass du Finger hast?“ Wenn aber morgen einer davon gebrochen ist, fühlst du dich den ganzen Tag nicht wohl. Wenn du etwas spürst in deinem Körper, dann stimmt etwas nicht. Sobald der Körper eines seiner Glieder nicht gebrauchen kann, ist er krank. Der heilige Geist sollte in der Gemeinde die volle Autorität haben. Wenn das der Fall ist, wird sich der ganze Leib ohne jede Behinderung bewegen können. Sobald aber irgendein Teil behindert ist, wird davon der ganze Leib betroffen; er wird krank. Wenn jeder in der Gemeinde der Autorität des heiligen Geistes untersteht, kann dieser auch jeden gebrauchen nach seinem Willen; und das bedeutet, dass es im Leib kein Hindernis mehr gibt. Alles geht dann reibungslos. Solange die Autorität ungehindert wirken kann, bleibt der Leib gesund. Das Zeichen für das Vorhandensein der Autorität des heiligen Geistes ist, dass jeder von ihm gebraucht werden kann und alles wie von selbst und spontan geschieht. Der Leib Christi ist nur da, wo der heilige Geist die absolute Autorität hat; auf dieser absoluten Autorität des heiligen Geistes beruht die Gemeinde.

Wenn in einer Gruppe einige Geschwister der Autorität des heiligen Geistes unterstehen, die anderen dagegen nicht, so können wir daran sofort erkennen, dass dort die Grundlage für eine Gemeinde fehlt. Die Grundlage, der Grund der Gemeinde, ist der heilige Geist. Wenn immer der Geist betrübt wird, geht damit auch der Grund der Gemeinde verloren. Ob wir der Leib Christi sind oder nicht, ist in keiner Weise Sache eines gemeinsamen Beschlusses. Die Gemeinde entsteht nicht dadurch, dass sich zum Beispiel 1600 Christen versammeln und einstimmig beschließen, Gemeinde zu sein. Es geht nicht um die Zahl, sondern darum, ob die Autorität des heiligen Geistes wirksam ist oder nicht. Wo die Autorität des heiligen Geistes fehlt, dort fehlt auch der Grund der Gemeinde. Die Gemeinde hat ihren Grund nur dann, wenn sich jeder der Autorität des heiligen Geistes unterwirft.

Was ist eigentlich der Leib? Er ist etwas, das wir nach unserem Willen gebrauchen und mit dem wir uns frei bewegen können. Er kennt weder Konflikte noch Schwierigkeiten, und was wir von ihm verlangen, das tut er. Was sich diesem Verlangen widersetzt und gegen uns angeht, gehört somit sicherlich nicht zum Leib, bzw. ist nicht unser Leib. Ob eine Ortsgemeinde auch wirklich die Gemeinde ist, entscheidet sich demnach daran, ob sie sich dem heiligen Geist unterwerfen kann. Das Offenbarwerden dieses Gehorsams ist somit auch das Offenbarwerden der Gemeinde. Wenn ein Bruder gerne aus sich selbst redet und eigenmächtige Entscheidungen trifft, so müssen wir wissen, dass dies die Autorität des heiligen Geistes verletzt und dass damit auch dem Leib Christi, also auch der Gemeinde, Schaden zugefügt wird. Dies hat zur Folge, dass es in dem Ort, wo dies der Fall ist, keine Gemeinde gibt. Einfach in einem Ort ein Gemeindeschild aufzuhängen bedeutet noch lange nicht, dass damit auch tatsächlich dort eine Gemeinde besteht. Dies ist erst dann der Fall, wenn die Geschwister ihre eigenen Meinungen und Vorstellungen ablegen und sich der Autorität des heiligen Geistes unterwerfen, so dass dieser ungehindert durch sie hindurchfließen kann. Erst dann gibt es in diesem Ort eine Gemeinde.

Ihr, die ihr Gott dient und Verantwortung tragt in seiner Arbeit, müsst dies eine immer vor Augen haben: Auch nach zwanzig oder dreißig Jahren, ja sogar noch nach fünfzig oder sechzig Jahren, wenn eure Haare schon ganz grau geworden sind, bleibt ihr dennoch immer nur Vermittler oder Mundstück der Autorität – ihr selbst seid niemals die Autorität. Sobald ihr selbst zur Autorität werdet, ist alles aus. Die Geschwister, die verantwortlich mitarbeiten, müssen deshalb ein klares und tiefes Bewusstsein davon haben, was Autorität des heiligen Geistes ist. Denkt nicht, dass ihr wenigstens doch ab und zu einen Vorschlag zu machen hättet. Ich sage euch, euer Vorschlag ist fehl am Platz. Der Herr macht euch niemals zur Autorität. Ihr könnt nur das Mundstück, der Kanal der Autorität sein, aber niemals sie selbst. Selbst wenn du hundert Jahre gelebt hättest und dem Herrn eben solang nachgefolgt wärest, dürftest du nicht meinen, aufgrund dessen irgendwelche Vorschläge machen zu können. Worauf es allein ankommt, ist, dass mein Geist geübt, trainiert und geschult worden ist. Dadurch ist mein Empfindungsvermögen schärfer und empfindlicher geworden, und so habe ich auch mehr Licht empfangen und sehe mehr, so dass ich, vertraut auch mit dem Worte der Schrift, Gottes Grundprinzipien berühren konnte; deshalb ist es jetzt für die Autorität des heiligen Geistes leichter, durch mich hindurchzufließen.

Wir machen nicht von Autorität Gebrauch, um über die Geschwister zu herrschen, sondern um ihnen zu dienen. Autorität ist nur ein Teil unseres Dienstes. Ich hoffe, dass alle verantwortlichen Brüder in der Gemeinde dies klar vor Augen haben. Autorität kann nur in Bezug auf euren Dienst gesehen werden, und sie ist unter euren vielen Diensten nur einer. Sie ist nicht dazu da, dass ihr über andere herrscht, sondern dazu, dass ihr für sie sorgt. Was in irgendeiner Sache ein anderer Bruder vielleicht noch nicht sieht, sehe ich, oder wo ihm das Verständnis noch fehlen mag, kann ich schon verstehen. Weil ich also den Herzenswunsch Gottes in dieser Sache kenne, teile ich ihm diesen mit und sage etwa zu ihm: „Bruder, du solltest nicht so handeln, denn ich weiß, dass es zu nichts führt. Wenn du so handelst, verletzt du die Autorität Gottes; deshalb musst du diese Sache aufgeben.“ Wir üben nicht Autorität aus, um über Brüder zu herrschen, sondern um für sie zu sorgen und ihnen zu dienen. Vor Gott stehend, lernen wir, Kanal für die Autorität des heiligen Geistes zu sein, um den Brüdern das zu geben, was sie brauchen. Anstatt über sie zu herrschen, lernen wir vielmehr, Gottes Autorität als einen Versorgungszustrom durch uns hindurch zu ihnen fliesen zu lassen; wir richten nicht unsere eigene Autorität auf.

Gleichgültig, welchen Dienst ein Bruder in der Gemeinde hat, sei er Ältester, Apostel oder Diakon – sobald er seine eigene Autorität aufrichtet oder zum Ausdruck bringt, steht er nicht mehr auf dem Grund der Gemeinde und zerstört sogar den Grund der ganzen Gemeinde. Der Grund der ganzen Gemeinde beruht völlig auf der Autorität des heiligen Geistes. Wenn diese Autorität verletzt wird, geht sofort der Grund der Gemeinde verloren.

Wenn die ganze Gemeinde unter der Autorität des heiligen Geistes steht, kann der Herr durch sie genauso unmittelbar sprechen, hören oder irgendwohin gehen, wie er es damals auf der Erde durch seinen von Maria geborenen Leib tat. Der Leib, der dem Herrn durch Maria bereitet worden war, konnte nicht geeigneter sein. Dieser Leib war mit dem Herrn vollkommen in Einklang, so dass er sich einerseits seines Leibes gar nicht bewusst war und dass andererseits der Leib der Herr selbst war. Sein Körper war harmonisch und in sich eins, ohne jede Schwierigkeit, ohne jeden Konflikt mit sich selbst. Die Hände waren nicht lahm, wenn er sie brauchte, die Augen nicht blind, wenn er sehen wollte, die Zunge nicht schwer, wenn er sprechen wollte, und der Kopf war nicht unfähig zu denken, wenn es zu denken galt. In gleicher Weise kann nun auch die Gemeinde zu solch einer vollkommenen Einheit mit dem Herrn kommen, dass sie, obwohl sie vorhanden ist, trotzdem gar nicht zu existieren scheint – nur Christus selbst wird wahrgenommen. Dann kann der Herr ungehindert tun was er tun möchte und frei hindurchströmen. Dies geschieht so harmonisch so koordiniert und so selbstverständlich als handelte er ganz direkt und nicht durch die Gemeinde hindurch. Das bedeutet, dass auch die Autorität des heiligen Geistes so selbstverständlich und harmonisch durch die Gemeinde fließt, dass man ihr Fließen gar nicht bemerkt. Wenn die Autorität des heiligen Geistes völlig ungehindert hindurchfließen kann, haben wir die Gemeinde. Sind Hindernisse und Widerstände da, so haben wir keine Gemeinde. Wenn der heilige Geist sich nicht frei bewegen kann und einzelne hervorstechen, zeigt dies eine Krankheit an, welche die Gemeinde zerstört, so dass sie nicht mehr als Gemeinde bezeichnet werden kann.

Nun zurück zum heutigen Problem. Der Herr gibt uns keine Freiheit, die verschiedenen Konfessionen zu kritisieren. Eines können wir aber nicht verschweigen: Unter uns gibt es viele ältere Brüder, die früher in den Konfessionen waren; sie kennen das, wovon ich rede, sehr genau, im Gegensatz zu denen, die direkt aus der Welt und der Sünde herausgekommen sind. Ihr wisst nicht, wieviel menschliche Meinung, wieviel menschliche Entscheidung, menschliche Methode, menschliche Organisation, menschliche Titulierung und menschliche Tradition es innerhalb der christlichen Gruppen gibt.

Ich möchte nicht mehr darüber sagen. Seitdem wir herausgerufen wurden, gibt es einen festen Grund, auf dem wir stehen: Wir müssen gehorchen und in der Gemeinde die Autorität des heiligen Geistes aufrichten, unsere eigene aber beseitigen. Der Herr verzeihe mir, dass ich dies sage, denn die Autorität des heiligen Geistes braucht natürlich nicht durch Menschen aufgerichtet zu werden. Entschuldigt, dass ich um der jungen Brüder willen folgendes Beispiel gebe: Gesetzt den Fall, ich lasse morgen hier einen Tiger frei – muss man dann etwa Wärter einsetzen, um ihn zu beschützen? Nein, der Tiger braucht keine Wärter, er kann sich selbst schützen. Ebenso braucht auch der heilige Geist unsere Hilfe nicht. Seine Autorität ist in der Gemeinde, sie braucht nicht durch unseren Eifer aufgerichtet zu werden. Es genügt, wenn die Kinder Gottes bereit sind, sich hinzugeben und sich zu fügen, damit die Autorität des heiligen Geistes zum Ausdruck kommt. Die Frage ist jetzt nur, ob wir bereit sind, uns hinzugeben. Sobald die Kinder Gottes ungehorsam sind, kann die Autorität des heiligen Geistes nicht zum Ausdruck kommen. Deshalb ist heute die eigentliche Frage an uns die, ob wir uns entsprechend hingegeben haben oder nicht.

Ich hoffe, dass wir uns um der Autorität des heiligen Geistes willen erneut Gott weihen werden. Wir sollten beten: „Herr, du bist das Haupt der Gemeinde. Schenke mir die Gnade, dass ich nicht jemand bin, der dich hindert oder dir widersteht; mache mich zu einem Menschen, der nichts Eigenes mehr hat …“ Ihr müsst erkennen, dass der Gemeinde jedes Mal etwas Fremdes hinzugefügt wird, das sie hindert, wenn ihr etwas Eigenes hineinbringt – wie gut es auch immer sein mag. Mein Leib kann nur aus seinen eigenen Teilen bestehen. Ich kann es niemals zulassen, dass etwas von anderen Menschen meinem Leib hinzugefügt wird. Nicht einmal ihr Bestes kann ich brauchen. Was zu meinem Leib gehört, muss ein Teil von mir selbst sein. Was anderen gehört, mag zwar seinen Wert haben, sobald es aber in meinen Leib hineinkommt, ist es ein Fremdkörper und somit Gift. Wir müssen vor Gott lernen, nichts Eigenes in die Gemeinde hineinzubringen. Vieles mag sehr gut sein, aber wenn es nicht vom heiligen Geist ist, gehört es nicht in die Gemeinde. Kommt es doch hinein, so verliert sie ihren Grund. In der Gemeinde gibt es nur den heiligen Geist, nur eine Autorität, nur eine Kraft, nur eine Gemeinschaft und nur einen Namen. Alles, was in die Gemeinde hineingebracht wird und nicht vom heiligen Geist ist, wird den Grund der Gemeinde und damit auch die Gemeinde zerstören.

Was nicht vom heiligen Geist ins Leben gerufen wurde, ist nicht die Gemeinde

Hier in Schanghai kann jeder – und dieser Irrtum ist noch nicht der schlimmste – eine evangelistische Mission, ein theologisches Seminar, eine Bibelschule oder einen Bibelkurs anfangen. Niemand aber ist fähig oder berechtigt, eine Gemeinde zu gründen. Wenn ihr dem heiligen Geist nicht gehorchen könnt und wenn sich menschliche Autorität und menschliche Dinge einschleichen, gibt es keine Gemeinde. Was nicht vom heiligen Geist angefangen wurde, ist nicht die Gemeinde. Ich weiß nicht, ob ihr erkennt, wie überaus ernst dies ist. Wir, die wir die Leitung des Geistes haben, könnten vielleicht – ebenso wie viele Leute in der Welt, die den heiligen Geist nicht haben – eine Fabrik gründen. Aber niemand kann eine Gemeinde gründen. Ob du ein Christ bist oder ein Ungläubiger, ob du das Leben Gottes hast oder nicht: Du kannst keine Gemeinde gründen. Wenn sie nicht vom heiligen Geist ins Leben gerufen wird, ist sie keine Gemeinde. Das ist eine sehr ernste Angelegenheit. Kein Mensch kann eine Gemeinde gründen, weil grundsätzlich kein Mensch die Autorität des heiligen Geistes dafür besitzt. Ohne die Autorität des heiligen Geistes gibt es keine Gemeinde. Die Situation mag sein, wie sie will, du kannst niemals eine Gemeinde gründen, es sei denn, der heilige Geist macht den Anfang. Darüber müssen wir uns vor allem anderen im Klaren sein. Wenn der heilige Geist nicht anfängt, können wir gar nichts tun. Wir müssen uns der Macht des heiligen Geistes unterwerfen, uns unter die von Gott errichtete Autorität stellen und uns völlig einschränken lassen, ohne unsere eigene Freiheit zu suchen. Jeder von uns muss die Autorität des heiligen Geistes ungehindert zur Wirkung kommen lassen.

2. Die Ortsgrenzen

Es gibt noch eine zweite Hauptbedingung für die Gemeinde. Ist diese nicht erfüllt, so fehlt der Gemeinde ebenso der richtige Grund. Wahrscheinlich werdet ihr einwenden: „Zur Gründung einer Gemeinde müsste es doch ausreichen, wenn wir alle die Autorität des heiligen Geistes ausleben und ihr unterstehen?“ Nein, das reicht nicht aus. Die Bibel zeigt uns sehr deutlich, dass für die Entstehung einer Gemeinde zwei Voraussetzungen erfüllt sein müssen. Erstens brauchen wir die Autorität des heiligen Geistes und zweitens die Ortsgrenze. Wenn du diesen zweiten Aspekt nicht siehst, kannst du auch den Grund der Gemeinde nicht verstehen. Findest du das seltsam – als ob du aus dreitausend Meter Höhe plötzlich vom Himmel auf die Erde fielest? Nun die Gemeinde ist tatsächlich nicht nur im Himmel, sondern auch auf der Erde. Sie ist teils himmlisch und teils irdisch. Dass sie im Himmel ist, das betrifft die Autorität des heiligen Geistes, und dass sie auf der Erde ist, das betrifft die Ortsgrenze. Wir sehen hier ein wunderbares Prinzip der Schrift. Die Bibel zeigt uns deutlich, dass die Gemeinde immer an einen geographischen Ort gebunden ist, so dass beispielsweise von der Gemeinde in Jerusalem, der Gemeinde in Korinth, der Gemeinde in Antiochien, der Gemeinde in Ephesus usw. gesprochen wird. Jerusalem, Korinth, Antiochien und Ephesus sind lauter Städte. In der Bibel ist deshalb der Grund der Gemeinde immer der Ort bzw. die Stadt, wo sie sich befindet. Alle Gemeinden haben die Ortschaft als ihre Begrenzung.

Es handelt sich hier um einen ganz besonderen Punkt, dem ihr eure Aufmerksamkeit schenken müsst. Wenn zum Beispiel die Geschwister in Schanghai auf dem Grund der Gemeinde stehen wollen, dann können sie nur auf dem Grund des heiligen Geistes und dem der Stadt Schanghai stehen. Sie müssen sowohl auf dem Grund des heiligen Geistes als auch auf dem Grund Schanghais stehen, weil Schanghai der Ort ist, in dem sie wohnen. Sobald man den Ort durch etwas anderes ersetzt, verliert man damit sofort den Grund der Gemeinde. Ich möchte hierzu einige Beispiele aus der Schrift geben.

Die Gemeinde und die Gemeinden

In 1.Thessalonicher 2:14 heißt es: „die Gemeinden in Judäa“. Hier steht das Wort „Gemeinde“ sowohl im Griechischen als auch im Englischen und Chinesischen im Plural, nämlich „die Gemeinden in Judäa“ . Warum im Plural? Weil Judäa damals eine Provinz des Römischen Reiches war. Da eine Provinz viele Orte umfasst, umfasst sie dementsprechend auch viele Gemeinden. Deshalb heißt es nicht „die Gemeinde in Judäa“ , sondern „die Gemeinden in Judäa“. Es gibt in der Schrift nur die Ortsgemeinde, niemals die Provinzgemeinde. Dasselbe gilt auch für Galatien, eine Provinz, in der es ebenfalls viele Städte gab; wieder heißt es „die Gemeinden in Galatien“ (1. Kor. 16:1). Ephesus ist eine Hafenstadt, also eine Ortschaft, weshalb von der Gemeinde in Ephesus im Singular gesprochen wird (Offb. 2:1). Dieses Prinzip ist in der Bibel sehr klar. Zum Beispiel war auch Philadelphia eine Stadt, und deshalb gab es dort auch nur eine Gemeinde (Offb. 3:7); Asien dagegen, das heutige Kleinasien, war eine große Provinz – deshalb heißt es in Offenbarung 1:4 und 11:„die sieben Gemeinden in Asien“, nicht die Gemeinde (Singular) in Asien.

Nur eine Gemeinde an einem Ort

Was wir alle beachten müssen, ist, dass die Schrift keine globale Kirche kennt; deswegen ist die Römisch-katholische Kirche nicht biblisch. Es gibt aber auch keine Staats- bzw. Landeskirche, weshalb auch die Anglikanische Kirche (die Kirche Englands) falsch ist. Weiterhin finden wir in der Bibel keine Provinz- Kirche und auch keine Gemeinde, die nur Menschen einer Rasse einschließen würde. Weil sich die Gemeinde nach der Schrift immer nur an die kleinste politische Verwaltungseinheit bindet, nämlich an eine Stadt oder eine Ortschaft, kennt sie nur Ortsgemeinden, d.h. eine Gemeinde in je einem Ort. Die Gemeinde einer Stadt darf sich niemals mit der einer anderen Stadt zu einer größeren Gemeinde zusammenschließen. Eine Stadt darf immer nur eine einzige Gemeinde haben, wie auch ein Mann immer nur eine Frau haben darf. Deshalb gibt es z.B. in Antiochien nur eine Gemeinde, nämlich die Gemeinde in Antiochien (Apg. 13:1); die Schrift spricht an keiner Stelle von mehreren Gemeinden in Antiochien. Es wäre völlig falsch, von mehreren Gemeinden in Antiochien zu reden. Nach Gottes Plan darf es in einer Stadt nur eine einzige Gemeinde geben, niemals mehrere. Deshalb liest man nirgends in der Schrift von mehreren Gemeinden in Korinth oder in Antiochien, sondern immer nur von der Gemeinde in Korinth, der Gemeinde in Antiochien und der Gemeinde in Philadelphia – alle im Singular. Es gab weder in Antiochien noch in Korinth noch in Philadelphia mehrere Gemeinden.

Gott hat für die Gemeinde auf der geistlichen Seite die Autorität des heiligen Geistes angeordnet und nach außen hin die Begrenzung durch den Ort. Als die Gemeinde in Korinth sich in vier Splittergruppen aufzuspalten drohte, wurde sie von Paulus sogleich zurechtgewiesen und als sektiererisch und fleischlich bezeichnet. Weil sich die Korinther in mehrere kleine Gemeinden aufspalten wollten – in eine paulinische, eine kephische, eine apollische und eine „christische“ Gemeinde – bezeichnete sie der heilige Geist als fleischlich. An einem Ort bzw. in einer Stadt darf es nur eine einzige Gemeinde geben. Sobald eine zusätzliche Gemeinde auftaucht, ist diese eine Abspaltung, eine Sekte, und Gott wird so etwas stets verwerfen. In Gottes Augen war die Gemeinde in Korinth fleischlich. Aus welchem Grund? Weil es an einem Ort nur eine einzige Gemeinde geben darf; eine zweite darf unter keinen Umständen gegründet werden. Wenn schon eine Gemeinde besteht, dann ist jede zweite eine Abspaltung, eine Sekte, und damit fleischlich. Niemals darf es an einem Ort mehr als eine Gemeinde geben. Vielleicht mag jemand sagen, er möchte die Christen mit geistlicher Nahrung versorgen – aber geistliche Nahrung zu vermitteln ist kein Grund, auf den man eine Gemeinde bauen könnte. Ein anderer wieder behauptet, er wolle anderen helfen, die Bibel besser zu verstehen, aber auch das reicht nicht aus als Grund. Selbst die Absicht, andere Menschen zur Erfahrung des heiligen Geistes zu führen, stellt für die Gründung einer Gemeinde keinen angemessenen Grund dar. Ein vierter wiederum sagt, dass wir eine Erweckung brauchen und dass deshalb eine Erweckungsgemeinde gegründet werden sollte. Vor kurzem gründete jemand irgendwo eine solche Erweckungsgemeinde, zweifellos nur mit dem Ziel, eine Erweckung herbeizuführen. Aber auch ein solches Ziel ist keine Basis für die Gemeinde. Und ebenso wenig können Menschen den Grund für eine Gemeinde darstellen. Weder Paulus noch Kephas noch Apollos konnten ein solcher Grund sein, auf den man eine Gemeinde bauen konnte. Eine Stadt jedoch wie z.B. Ephesus ist der geeignete Grund, auf dem eine Gemeinde gebaut werden kann. Paulus ist nicht Ephesus. Auch Korinth ist der Grund für eine Gemeinde, und weder Paulus noch Kephas noch Apollos konnten Korinth ersetzen. Sie konnten nicht der Grund sein und infolgedessen auch keine eigene Gemeinde gründen. Jede Gemeinde nämlich ist an ihren Ort gebunden – ohne Ort keine Gemeinde. Eine Gemeinde kann ohne einen Ort nicht bestehen. Die Schrift macht es augenfällig, dass Gott den Grund nach den Ortsgrenzen festgelegt hat.

Es kann nur eine Gemeinde in Schanghai geben

Hier in Schanghai gibt es bereits eine Gemeinde; sie steht nicht auf dem Grund irgendeiner Denomination oder irgendeiner anderen Sache, sondern allein auf dem Grund Schanghais. Dies ist „die Gemeinde in Schanghai“. Angenommen, ich habe mit einem Bruder Streit und verlasse die Versammlung in der Nan-Yang-Straße (wo die Gemeinde in Schanghai sich trifft) und fange in der Nord-Sezuan-Straße eine eigene Versammlung an. Das ist geradeso, als ob wir von nun an in völlig entgegengesetzte Richtungen gehen würden, ihr nach Süden und ich nach Norden. Dort predige ich genauso das Evangelium, und es werden auch genauso viele Menschen gerettet. Der Versammlungssaal in der Nan-Yang-Straße fasst 2400 Menschen; ich aber baue einen noch größeren in der Nord-Sezuan-Straße für 2600 Leute. In diesem Saal predige ich und halte Evangelisationen. Aber ich sage euch, selbst wenn ich noch so viele Menschen zu Christus führte, predigte und die Heiligen aufbaute, so könnte dies doch niemals die Gemeinde sein. Warum nicht? Weil schon andere den Grund von Schanghai für die Gemeinde genommen haben. Deshalb habe ich kein Recht, eine neue Gemeinde in Schanghai zu gründen. In Schanghai darf es nur eine einzige Gemeinde geben.

Wir dürfen eine Gemeinde nur dort gründen, wo es noch keine Gemeinde gibt

Zum Beispiel hat bis heute in der Stadt Pi-Chieh in der Provinz Kwei Chow noch niemand den Stand eingenommen für eine Gemeinde auf dem Grund des Ortes. Wenn jemand den Wunsch hat, dort eine Gemeinde zu gründen, kann er das tun, denn das göttliche Prinzip, dass es an einem Ort nur eine Gemeinde geben kann, bliebe damit gewahrt. Sobald dort aber eine zweite Gemeinde entsteht, bezeichnet Gott sie als Spaltung. Man kann das mit einer Frau vergleichen, die einen Mann heiratet. Wenn sie mit einem ledigen Mann die Ehe schließt, ist sie seine Frau. Wie könnte sie aber die Frau eines schon verheirateten Mannes werden? Sie kann nur einen Mann heiraten, der noch keine Frau hat. Das Neue Testament zeigt uns durchgängig diese eine Tatsache: die Gemeinde ist an den Ort gebunden. Das müssen wir sehen. Die Briefe erwähnen z.B. die Gemeinde in Korinth und die Gemeinde in Ephesus, und die Offenbarung spricht von den sieben Gemeinden in Asien (Offb. 1:14). An jedem der erwähnten Orte gibt es nur eine Gemeinde. Die Gemeinde kann sich nicht vom Ort lösen und unabhängig davon existieren. Bitte denkt daran, dass eine Gemeinde nur an einem Ort gegründet werden kann, wo noch keine Gemeinde ist. Wenn es irgendwo schon eine Ortsgemeinde gibt, können wir uns ihr nur anschließen; wir haben nicht das Recht, eine zweite zu gründen. Sobald wir das tun, schaffen wir eine Spaltung, eine Sekte, und dies wird von Gott verurteilt. Worin besteht der Unterschied zwischen einer Ehefrau und einer Nebenfrau? Der einzige Unterschied liegt in der rechtlichen Stellung. Äußerlich mag es vielleicht überhaupt keinen Rangunterschied geben, aber nur eine hat einen rechtmäßigen Grund, sich die Ehefrau zu nennen.

Was ist Spaltung?

Jede christliche Vereinigung, die nicht auf dem Grund steht, ist eine Spaltung und wird von Gott verurteilt. Ich möchte noch einmal die Stadt Pi-Chieh als Beispiel nehmen. Ist es ein Unterschied, ob du nach Pi-Chieh gehst und dort das Evangelium predigst, Menschen rettest und die Heiligen aufbaust, oder ob du genau dasselbe in der Nord-Sezuan-Straße in Schanghai tust? Äußerlich gesehen nicht. Es ist nicht so, dass durch deine Predigt in der Nord-Sezuan-Straße keine Menschen gerettet werden, dass niemand das ewige Leben empfängt oder dass die Gläubigen nach ihrer Errettung wieder zurückfallen. Die Wahrheit des Evangeliums bleibt dieselbe und die Botschaften sind vielleicht nicht weniger klar, so dass alles ganz gleich aussieht. Aber ich sage dir, du darfst trotz allem in der Nord-Sezuan-Straße keine Gemeinde gründen. Wenn du es doch tust, ist das Spaltung. Deine Predigt mag zwar an beiden Orten, nämlich in der Stadt Pi-Chieh und in der Nord-Sezuan-Straße in Schanghai, genau dieselbe sein, aber es handelt sich hier um zwei Orte, die jeweils ihren eigenen Grund haben. In der Stadt Pi-Chieh kannst du in einer Gemeinde sein, wohingegen du in der Nord-Sezuan-Straße in einer Spaltung bist. Dieselbe Predigt an diesen beiden Orten – und doch, welch ein Unterschied! Angenommen, du stellst den Tisch des Herrn in Pi-Chieh auf, dann ist es das wahre Brotbrechen, das Festmahl des Herrn. Eines Tages aber bringst du diesen selben Tisch mit allen Gläubigen, die daran teilnehmen, von Pi-Chieh nach Schanghai in die Nord-Sezuan-Straße. Hier betet ihr, studiert die Bibel und lobt den Herrn genau so, wie ihr es auch in Pi-Chieh immer getan habt. In diesen Dingen besteht kein Unterschied, nur dass ihr in Pi-Chieh die Gemeinde gewesen seid, jetzt aber, in der Nord-Sezuan-Straße, eine Spaltung bildet. Erinnere dich daran – wenn eine Frau einen ledigen Mann heiratet, ist sie seine Ehefrau; wenn er aber schon verheiratet ist, ist sie nicht seine Frau. Gehen wir an einen Ort, wo es noch keine Gemeinde gibt, so können wir den Stand der Gemeinde einnehmen; aber an einem Ort, wo schon eine Gemeinde besteht, dürfen wir uns ihr nur anschließen, niemals eine neue gründen. Das ist in der Bibel ein wichtiges Prinzip. Wenn du die Ortsgrenze außer acht lässt, ist alles wertlos. Wenn du dieses entscheidende Grundprinzip aufgibst, besitzt du überhaupt nichts, worauf eine Gemeinde gegründet werden könnte.

Deshalb hoffe ich, dass ihr diese beiden Punkte verstehen werdet: Erstens gründet sich die Gemeinde Gottes auf die Autorität des heiligen Geistes, und zweitens ist die Gründung der Gemeinde Gottes unmittelbar mit den Grenzen des Ortes verbunden. Der Ortsgrund der Gemeinde wird unter der Führung des heiligen Geistes gewahrt. Du kannst nicht sagen: „Es ist die Führung des heiligen Geistes, dass wir uns in der Nord-Sezuan-Straße treffen.“ Wenn tatsächlich die Führung des heiligen Geistes da wäre, würdet ihr als erstes seinen Einspruch gegen den falschen Grund, auf dem ihr steht, vernehmen. Ihr habt bereits die allererste Einschränkung des heiligen Geistes missachtet und damit seine Autorität verletzt. Worauf könnt ihr noch stehen? Es genügt nicht, nur zu behaupten, ihr hättet den heiligen Geist. Ihr müsst euch der Anordnung des heiligen Geistes hinsichtlich des Ortsgrundes fügen. Diese Anordnung kannst du niemals verändern, du kannst ihr nur gehorchen. Niemand hat die Freiheit, das Prinzip des Ortsgrundes, das der heilige Geist aufgerichtet hat, zu ändern.

Der Ort verhindert die Bildung von Denominationen

Ich hoffe, dass ihr an diesem so wichtigen Grundsatz festhalten werdet, damit ihr klar seht und das Wesen der so genannten Denominationen, Kirchen, Gruppen und Organisationen durchschauen könnt. Wird eine Gruppe nicht auf dem Grund des Ortes gebildet, dann könnt ihr sofort erkennen, dass sie nicht die Gemeinde ist. Ist euch das klar? Oder ist euch jetzt seltsam zumute? Wenn ich im Worte Gottes lese, kommt es mir sehr seltsam vor. Erst geht es um die Autorität des heiligen Geistes, und dann plötzlich siehst du die Ortsgrenzen – es ist fast wie ein Sturz aus dreitausend Meter Höhe vom Himmel auf die Erde! Die Bibel offenbart uns, dass die Autorität des heiligen Geistes der Grund der Gemeinde ist; sie zeigt uns aber auch, dass für uns der heilige Geist allein noch nicht genügt – wir brauchen auch den Ortsgrund. Eine Gemeinde entsteht erst dann, wenn beide Bedingungen erfüllt sind. Blicken wir auf die vergangenen Jahre zurück, so sehen wir dies immer klarer und müssen umso mehr den Herrn dafür loben. Wären die Christen in den letzten zweitausend Jahren bereit gewesen, sich durch die Ortsgrenzen einschränken zu lassen, so hätte es alle die vielen Schwierigkeiten und Verwirrungen nicht gegeben. Hätte der Mensch sich der Autorität Gottes unterstellt, so hätte weder der Katholizismus noch der Protestantismus jemals entstehen können. Das gleiche gilt von den mehr als hundert Denominationen in China und den über sechshundert größeren und über fünftausend kleineren christlichen Organisationen, die es heute auf der Welt gibt. Die Ortsgrenzen hätten die Entstehung aller dieser Spaltungen unmöglich gemacht.

Stadt bleibt Stadt

Entschuldigt, dass ich politische Begriffe benutze. Eine Dynastie kann aussterben, eine politische Partei kann durch eine andere ersetzt werden und sogar ein Land kann sich verändern, aber ein Ort bleibt immer ein Ort. Schanghai ist immer Schanghai geblieben, und ebenso auch Chang-Chun. Während der Ching-Dynastie war Schanghai stets Schanghai, und als China Republik wurde, war es immer noch Schanghai; es blieb Schanghai bis auf den heutigen Tag. Selbst während des Krieges mit Japan, als China fast nicht mehr existierte, blieben die Orte immer noch dieselben. Alles kann sich ändern, aber die Stadt bleibt Stadt. Gott hat der Gemeinde den Ort als den Grund verordnet, auf dem sie stehen soll. Die Bibel spricht von der Gemeinde in Rom, aber niemals von einer Gemeinde des Römischen Reiches, von einer Römischen Gemeinde. Vom Namen her gesehen besteht hier kein großer Unterschied, in Wirklichkeit aber ist beides grundverschieden. Der heilige Geist erkennt die Gemeinde in Rom an, aber nicht die Kirche des Römischen Reiches. Deshalb müssen wir vor Gott lernen, den Grund des Ortes zu beachten.

Bitte vergesst das nie: Die Gemeinde muss auf dem Grund des Ortes stehen. Seit vielen Jahren stehen wir auf diesem Grund und lehnen alles ab, was ihn gefährdet. Wir lehnen jeden anderen Namen ab. Jede Gruppe, deren Grund nicht die Stadt Schanghai ist, ist nicht die Gemeinde in Schanghai. Wir dienen hier mit der Hoffnung, die Gemeinde in Schanghai aufzubauen. Wenn ein Außenstehender bezüglich der Gemeinde Fragen hat, müsst ihr ihm klarmachen, dass die Gemeinde im Innern von der Autorität des heiligen Geistes erfüllt und äußerlich durch die Ortsgrenzen bestimmt ist. Für die Gründung einer Gemeinde ist sowohl die Autorität des heiligen Geistes als auch die Beachtung der Ortsgrenzen erforderlich. Wenn eines von beiden fehlt, ist das, was entsteht, keine Gemeinde.

Der Grund der Gemeinde und der Segen des Geistes

Je klarer uns der Grund der Gemeinde wird, desto reicher ist der geistliche Segen. Besonders in den letzten zwei Jahren haben wir gesehen, wie sehr der Herr den Grund der Gemeinde gesegnet hat. Viele Geschwister erkennen mehr und mehr den Unterschied zwischen individualistischem Handeln und dem Stehen auf dem Grund der Gemeinde. Wenn die Autorität des heiligen Geistes in allen Gliedern so wirkt, dass sie Gott einmütig dienen und ihre eigenen, individuellen Wege aufgeben, könnt ihr den Segen des Herrn sehen: In vielen Ortsgemeinden nimmt die Zahl der Glieder um das Vielfache zu bei den einen um das Zweifache, bei den anderen um das Fünffache, ja bei manchen um das Zehnfache. Am Anfang gab es in Taipeh nur etwa dreißig Gemeindeglieder, aber jetzt sind es über tausend geworden. Die wenigen Brüder, die einst dorthin geschickt wurden, haben sehr fleißig gearbeitet. Gott hat immer mehr gesegnet, und die Zahl der Glieder hat ständig zugenommen. Während ich in Hong Kong war, erhielt ich von einem Bruder aus Taipeh einen Brief, dessen Inhalt zeigt, dass dieser Bruder wirklich weiß, was Gemeinde ist. Die Gemeinde in Taipeh hatte damit gerechnet, dass ein bestimmter Bruder für ihre Evangelisation am chinesischen Neujahrsfest verantwortlich sein würde. Nachdem die Entscheidung auch so getroffen worden war, stellte dieser Bruder fest, dass er mich in Hong Kong besuchen musste, um einige Angelegenheiten zu regeln. Die Enttäuschung der Brüder in Taipeh war groß, denn sie wussten nicht, wie sie die Evangelisation allein schaffen sollten. Der Bruder aber sagte zu ihnen: „Wenn ich hier bin, bedeutet das nur, dass ein Bruder mehr hier ist; wenn ich fehle, habt ihr eben einen weniger.“ Wenn in Taipeh tatsächlich die Gemeinde des Herrn ist, dann spielt es keine Rolle, ob ein Bruder bleibt oder verreist ist. Wenn es in Taipeh jedoch keine Gemeinde gibt, dann fehlt mit diesem Bruder halb Taipeh. Auf jeden Fall war das Ergebnis dieser Evangelisation herrlich. Einige Brüder, von denen man nicht geglaubt hätte, dass sie das Evangelium predigen könnten, übertrafen alle Erwartungen, und über 1400 Menschen nahmen den Herrn auf. In den zwei nachfolgenden Versammlungen wurden 228 Menschen getauft. Da in Taipeh eine Gemeinde ist, spielt es keine Rolle, ob wir einen Bruder mehr oder einen weniger dort haben. Nun komme ich auf den Brief jenes Bruders zurück. Ich freute mich sehr über das, was darin stand: „Ich glaube, wenn wir Brüder lernen würden, dem Herrn in Koordination miteinander zu dienen, dann könnten wir nicht nur 3000, sondern sogar 10.000 Neubekehrte aufnehmen und verkraften. Funktioniert die Gemeinde normal, so ist sie fähig, wenn 500 kommen, diese 500 zu verkraften und wenn 1000 kommen, dann sogar auch 1000. Das ist die Gemeinde Gottes.“

Wir brauchen ein Gefäß, um Gottes Segen aufzunehmen

Einige von uns beten, der Herr möge uns so segnen wie die Gemeinde am Pfingsttag. Was tun wir aber, wenn der Herr anfängt, tatsächlich auf unsere Gebete zu antworten? Angenommen, er segnete uns wirklich so reich, was würden wir machen? Könnten wir es verkraften, wenn er uns dreitausend oder fünftausend Menschen auf einmal geben würde? Stellt euch vor, dass plötzlich einige tausend Menschen unsere Versammlungshalle füllten – wir würden sofort merken, dass wir einem solchen Segen nicht gewachsen sind. Wenn zum Beispiel in Schanghai dreitausend Menschen auf einmal hinzugefügt würden, wären wir völlig hilflos: Wir wüssten nicht, wie wir sie taufen, wie wir sie für das Abendmahl in verschiedene Hausversammlungen aufteilen, wie wir sie aufbauen und wie wir sie besuchen sollten. Wenn aber die Gemeinde stark ist, kann sie alles, was Gott ihr an Segen zukommen lässt, aufnehmen und verdauen und steht der Situation nicht hilflos gegenüber. Wir sind jetzt 1500 Geschwister, und trotzdem ist unsere Gemeinschaft immer noch mangelhaft. Was würden wir tun, wenn uns weitere tausend hinzugefügt würden? Ein so reicher Segen würde über unsere Kräfte gehen. Wir sprechen hier nicht von einer Organisation, sondern von einem Organismus, der fähig sein muss, Gottes Segen aufzunehmen. Gesetzt den Fall, Gott segnet uns mit dreitausend Menschen, und nach zwei Tagen gehen zweitausend wieder, das würde bedeuten, dass wir keine Gemeinde sind. Schickte Gott uns so viele Menschen, dann würden wir es vielleicht nicht einmal merken, dass sie nicht mehr wiederkommen. Aber wenn wir nicht wissen, wer hier kommt und geht, sind wir keine Gemeinde. Die Gemeinde ist ein Organismus, der fähig ist, den ganzen Segen Gottes aufzunehmen und zu bewahren. Die Gemeinde muss so weit kommen, dass sie ein Gefäß ist, welches Gottes Segen in jeder Fülle stets aufnehmen und bewahren kann. Wenn alle Geschwister dem heiligen Geist gehorchen, werden alle dienen und alle gesegnet werden. Sobald jeder seine eigene Meinung aufgibt und dient, kommt die Gemeinde Gottes zum Vorschein.

Ich sage euch, wenn ihr euch auf das Wirken des heiligen Geistes nicht vorbereitet, wird der heilige Geist auch nichts tun. Ihr müsst alle auf sein Wirken vorbereitet sein. Wir müssen unsere Räumlichkeiten ständig erweitern. Wir wollen, dass der Herr Menschen hinzu tut, nicht aber, dass er sie wegnimmt. Wenn der heilige Geist zu wirken beginnt, werdet ihr tatsächlich sehen, dass ihr nicht genug Platz für sie habt. Bereiten wir uns auf das Wirken des heiligen Geistes vor, indem wir für einen größeren Versammlungsraum sorgen und unsere Kapazität erweitern, dann wird uns der Herr segnen. Wir müssen die Geschwister für den Dienst zurüsten, dann wird der Herr segnen. Nur wenn ihr es zuwege bringt, dass wirklich jeder dient, hat auch der heilige Geist eine Möglichkeit zu wirken.

Watchman Nee

Übersetzt aus dem Chinesischen
„Vorträge über das Gemeindeleben: Kapitel 1“
ISBN 3-88083-782-1

Copyright der deutschsprachigen Ausgabe 1998
Verlag ›Der Strom‹ GmbH
Filderhauptstr. 61 C, D-70599 Stuttgart